Ab die Post. Briefe als Literatur

Im Zeitalter von Telefon, e-mail und SMS gerät der Brief in Gefahr, als Kulturtechnik zu versinken, obwohl er als schriftliche Mitteilung an einen abwesenden Adressaten früh den vielfältigsten Zwecken diente und sich rasch zu einer literarischen Kunstform verselbständigte. Ein Blick in die Geschichte des Briefes zeigt außer seiner kommunikativen Bedeutung, wie schwimmend die Grenzen zwischen Authentizität und Fiktionalität sind, und dass ab dem 18. Jahrhundert die Entwicklung des Briefstils mit der Literatur parallel verläuft. Aus der Praxis des Briefeschreibens entsteht eine eigene Romanform: der Briefroman, der in der deutschsprachigen Literatur mit Goethes „Werther“ einen Höhepunkt erreicht und in abgewandelter Form in Glattauers e-mail-Roman weiterlebt. Über das „weiße Blatt Papier“ führten Autoren und Leserinnen intime Kommunikation. Und Betrug über erotische Briefstellerei wird nicht nur in „Cyrano de Bergerac“ zum Thema. Es gibt Briefe, die nie abgesandt wurden, wie Kafkas „Brief an den Vater“, und solche, die der Empfänger sich selbst schrieb, und es gibt Künstlerkorrespondenzen, wie die zwischen Bachmann und Celan oder Henze, aus denen sich Persönliches ablesen lässt, mehr noch aber über künstlerische Intentionen zu erfahren ist. Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck – wird Ilse Gottschall, Leiterin der Literatur-Werkstatt im Rahmen der „Leselampe“, einen Einblick in das Thema vermitteln und Leseanregungen geben.
Do 05. Februar 2009, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |

Abgelichtet
„Den Menschen, der auf dem Portrait abgebildet ist, gibt es so nicht. Es gibt nur die Vorstellungen, die man sich von ihm macht. Und wann wurden, darf man sich fragen, unsere Vorstellungen je der Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit anderer gerecht?“
Diese Ambivalenz wird nicht nur von Iris Wolff betont, ambivalente Empfindungen und Eindrücke
sind es auch, die viele der Autorinnen und Autoren dieser SALZ-Ausgabe zum Thema AutorInnenfotografie zum Ausdruck bringen.
Autorschaft ist schon lange undenkbar ohne die fotografische Inszenierung der Person der Autorin, des Autors, spätestens seit der Etablierung einfacher und günstiger Vervielfältigungstechniken ...
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