Anne Duden
Der wunde Punkt im Alphabet„Man merkt, daß in der deutschen Literatur ohne Anne Duden etwas fehlen würde“, schrieb Erich Fried. In der Tat: die Autorin ist längst mehr als ein Geheimtip unter Kennern, sie steht für eine höchst eigenständige Position jenseits des literarischen Mainstreams. Ihre Wahrnehmung sprengt die Grenzen auf Übereinkunft beruhender Bewußtseinszustände sowie zeitlicher und räumlicher Trennungslinien. Deutsche Vergangenheit wird zur Gegenwart, zum Hineingeborensein in den Schuldzusammenhang. Ihr neues Buch „Der wunde Punkt im Alphabet“ enthält 17 poetische Essays, die im Sichtbaren das Verborgene wahrnehmbar machen. Ob auf Gemälde von Vittore Carpaccio, Vincent van Gogh, Pieter Bruegel d. Ä. oder Franz Hals Bezug genommen wird, oder ob eine Londoner U-Bahn-Fahrt, eine Therapiestunde im Radio, die Musik Carlo Gesualdos Anlaß des Schreibens ist: Stets weisen die Texte Anne Dudens über das Ereignis hinaus auf Zusammenhänge, die nur eine hellwache Sprache faßbar macht. Die Autorin wird aus ihrem Gedichtband „Steinschlag“ lesen. Lyrik, die mit höchster Genauigkeit die Wirklichkeit einer Blindenschrift gleich Punkt für Punkt abtastet.
Mo 25. September 1995, 20:00 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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