Aufgeblättert: 1968 – eine literarische Revolution
Eines der wichtigsten Theaterereignisse des Jahres 1968 in Österreich war die Aufführung von Peter Weiss’ Revolutionsdrama „Die Verfolgung und Ermordung des Jean-Paul Marat dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade“. Neben den Theaterexperimenten der 60er Jahre wurden auch in der Prosa und in der Lyrik neue literarische Verfahrensweisen ausprobiert und häufig die traditionellen Gattungsgrenzen überschritten. Frieden und Solidarität, Literatur und Politik waren die Schlagworte der Diskussionen. Die Debatte über die Bedeutung literarischer Arbeit im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft und Politik um 1968 kann auch für eine Standortbestimmung 1998 von Interesse sein. Exemplarisch für die aufklärerische und engagierte Kunstauffassung können die Gedichte von Hans Magnus Enzensberger und Erich Fried („und Vietnam und“), die Lieder Wolf Biermanns und Franz Josef Degenhardts stehen, aber auch eines der letzten Gedichte Ingeborg Bachmanns mit dem Titel „Keine Delikatessen“, das 1968 in der Zeitschrift „Kursbuch“ erschien. Anhand von einigen Text- und Hörbeispielen wollen wir uns mit wichtigen Beispielen der Literatur der sechziger Jahre auseinandersetzen und nach 30 Jahren darüber diskutieren, was geblieben ist von der literarischen Revolte, welche Texte heute noch aktuell und welche zum Zeitdokument verblaßt sind.
Mi 27. Mai 1998, 20:00 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Moderation: Christa Gürtler |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
Aktuelle Ausgabe bestellen SALZ 196