Christian Lorenz Müller
Ziegelbrennen„Warum eigentlich Raimund?“, fragt sich Rosmarinka mit beinahe neunzig Jahren.
Die gebürtige Kroatin hätte wohl ihr ganzes Leben in ihrem Heimatdorf verbracht, wäre sie als junges Mädchen nicht ausgerechnet an den Donauschwaben Raimund Quendler geraten. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs bedrängen Titos Partisanen den Hof der Quendlers, und so flieht die Familie nach Österreich, wo ein Neuanfang nur unter großen Entbehrungen gelingt. Rosmarinkas Sohn Anton soll es einmal besser haben und Priester werden, aber er bricht das Studium ab, ohne Gründe dafür zu nennen. Erst Jahrzehnte später, als der Historiker Arthur, der mit Rosmarinkas Enkelin Valentina liiert ist, nachfragt, beginnt die alte Frau zu erzählen. Bild fügt sich an Bild und ein Zusammenhang nach dem anderen erschließt sich.
„Ziegelbrennen“ ist eine weit ausgreifende Familiengeschichte, ein Chor aus vielen Stimmen, die scheinbar sprunghaft wechseln: zwischen der Zeit der faschistischen Ustascha-Diktatur in Kroatien während des Zweiten Weltkriegs, den Ereignissen der 1990er Jahre auf dem Balkan und der unmittelbaren Gegenwart, wenn im Herbst 2015 zehntausende Syrer, Iraker, Afghanen durch den Osten Kroatiens ziehen. Dort, in jener Gegend, in der Rosmarinka aufgewachsen ist, beginnt und endet dieser Roman, der siebzig Jahre mitteleuropäischer Geschichte umspannt.
Christian Lorenz Müller, geboren 1972 in Rosenheim, lebt in Salzburg als Autor und Redakteur der deutschen Literaturzeitschrift „Konzepte“. Veröffentlichungen u.a. „Wilde Jagd“ (Roman, 2010). „Ziegelbrennen“ ist im Otto Müller Verlag erschienen.
Mo 10. Dezember 2018, 19:30 Uhr | |
Literaturhaus | |
Vollpreis: 8,– € | Ermäßigt: 6,– € | Mitglied: 4,– € | |
Mitveranstalter: prolit | |
Büchertisch: Rupertus Buchhandlung |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
Aktuelle Ausgabe bestellen SALZ 196