Das Gasthaus und die Dichter
Man kann sich schwer vorstellen, dass das Gasthaus in der modernen Literatur ein utopischer Ort ist. Besonders nach 1945 sind die Gasthäuser voll von Brutalität und Kriegsgeschwätz, „als wär kein Tag vergangen“, wie es in Ingeborg Bachmanns Erzählung „Unter Mördern und Irren“ heißt. Und doch gibt es nicht nur diese Gasthäuser in der Literatur. Von Friedrich Hölderlins Elegie „Der Gang aufs Land“ bis in die zeitgenössische Literatur hat das Gasthaus nicht aufgehört, die Schriftsteller zu inspirieren, die Idee einer gastlichen Welt konkret darzustellen. Das Gasthaus, so schäbig und herabgekommen es sein mag, in der Literatur kann es zum Gleichnis der Aufgabe der Literatur und der Kunst, der Philosophie und der Politik werden, und der Vorzug dabei ist, dass die Gasthaus-Utopien konkret und anschaulich bleiben. Bei der genaueren Beschäftigung mit literarischen Gasthäusern zeigt sich sogar, dass manche Autoren direkt oder indirekt mit dem Gasthaus die Frage nach einer heute aktuellen Klassik verbinden. Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck, so lange der Vorrat reicht – wird Hans Höller, Professor am Fachbereich Germanistik, der Frage nachgehen, was eine heute aktuelle und notwendige Klassik überhaupt sein kann, und wie das Gasthaus zum Ort einer neuen Klassik wird. Neben Hölderlin werden in dieser literarischen Philosophie des Gasthauses Texte von Schriftstellern wie Gottfried Keller, Theodor Kramer, Thomas Bernhard, Herbert Achternbusch, Josef Enengl, Franz Kain oder Peter Handke besprochen.
Do 04. Dezember 2008, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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