Fräulein – und andere Wunder
Das „Fräuleinwunder“ in der deutschsprachigen Literatur ereignete sich in den letzten Jahren in erster Linie als Medienphänomen. Junge Autorinnen wurden dabei vor allem als photogene Erscheinungen wahrgenommen und mit den melancholischen Protagonistinnen ihrer Texte identifiziert. Die Südtirolerin Bettina Galvagni erzählt in „Melancholia“ die metaphernstrotzende Krankheitsgeschichte eines lese- und magersüchtigen Wunderkindes. Die Salzburgerin Kathrin Röggla („Abrauschen“, „Irres Wetter“), die Schweizerin Zoe Jenny („Das Blütenstaubzimmer“), die Berlinerinnen Judith Hermann („Sommerhaus, später“, „Gespenster sehen“) und Julia Franck („Bauchlandung“) vermitteln, auf auch formal unterschiedliche Weise, das Blues-Gefühl einer ernüchterten und krankhaft lustigen Generation. Die gebürtige Wienerin Olga Flor („Erlkönig“) entwickelt eine Versuchsanordnung jenseits des psychologischen Realismus. Die Diagnose einer gleichgültigen, lieblosen Welt, in der die Familie nicht einmal mehr als Gefängnis funktioniert, wird betont sachlich gestellt und knüpft an die radikalen Zustandsbeschreibungen einer Marlen Haushofer an.
Weder der Sprachwitz noch der coole Ton mancher Texte täuschen darüber hinweg, daß auch diese Literatur vom Verlust des geistigen Obdachs redet. Die Sehnsucht nach Gläubigkeit manifestiert sich überraschend in der Renaissance der Madonnenfigur als einer Symbolgestalt rätselhafter weiblicher Stärke. Der Workshop ist Teil einer fünfteiligen Veranstaltungsreihe über Tendenzen der Literatur der neunziger Jahre.
Nächster Termin: Dienstag, 23. März: Christa Gürtler, Eva Hausbacher: Begegnung mit dem Fremden
Gesamtleitung: Christa Gürtler, Karl Schimpl. Anmeldung für LehrerInnen: Pädagogisches Institut, Erzabt-Klotz-Str. 11
Do. 26. Februar 2004, 14:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Mitveranstalter: Pädagogisches Institut Salzburg |

Konfliktfelder
Seit den Anfängen der Literatur ist Krieg eines ihrer zentralen Themen – das Gilgamesch-Epos und die Ilias seien genannt. Kriege waren auch in den Jahrzehnten des Friedens, in denen sich Europa wähnte, vielfach Realität – wenn sie auch Konflikt genannt wurden. Konflikte und Kriege finden nicht nur zwischen Staaten, Nationen, Ethnien, sondern auch im alltägllichen Miteinander statt, Familien und Beziehungen sind ein weites Feld. Und doch oder gerade deswegen ist es wichtig, diese Konfliktfelder zu betrachten – die Literatur schaut genau hin. Ines Schütz und Manfred Mittermayer tun es auch – mit ihrem Programm der 54. Rauriser Literaturtage. ...
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