Gespräche im Gebirg – Jüdische Gäste in der Sommerfrische
Der Titel bezieht sich auf einen Prosatext von Paul Celan („Gespräch im Gebirg“, 1959), der sich mit der Verbundenheit der jüdischen Protagonisten mit der Berglandschaft befasst. In den Jahren von 1918 bis 1938 genossen die jüdischen Sommergäste aus Wien die Schönheit der Naturlandschaft Österreichs in vollen Zügen, obwohl es schon damals so etwas wie einen „Sommerfrische- Antisemitismus“ gab, denn einzelne Gemeinden, Hotels oder Gaststätten lehnten jüdische Gäste ab.
Jüdische Vereine und politische Gruppierungen kämpften zwar dagegen an, doch sie hatten nur wenig Erfolg. Dessen ungeachtet tauchen in den Erinnerungen die Sommerfrischen zumeist als Zeit der Idylle, des Erholens, der Familien und des Glücks auf – ein Widerspruch zu dem, was uns die Quellen der Zeit überliefern, den es aufzuklären gilt.
Die Vertreibung und die Schoah schienen die Tradition der Sommerfrische zerstört zu haben, doch viele Überlebende kamen aus Sehnsucht nach ihrer ehemaligen Heimat zurück. Es waren vor allem die Sommerfrischeorte, an denen sie eine Kontaktaufnahme zu den durch die Vertreibung scheinbar verlorenen Wurzeln suchten. Nach wie vor besuchen sie das Gasteinertal, das Salzkammergut oder das Ausseerland und genießen nicht nur die Natur, die alpine Luft und Atmosphäre, sondern auch – trotz der Ambivalenzen – den Klang der Sprache oder die kulinarischen Köstlichkeiten. Manchmal bringen sie ihre Kinder und Enkelkinder mit, um ihnen zu zeigen, aus welch schönem Land ihre Familie stammt.
Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck – wird Albert Lichtblau, Professor am Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg und stellvertretender Leiter des Zentrums für jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg, anhand literarischer Beispiele und historischer Quellen die Tradition der Sommerfrische in der jüdischen Kultur beleuchten.
Do 08. Oktober 2009, 10:30 Uhr | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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