Heimat: Heile Welt & Hölle
Nach Ernst Bloch ist Heimat „etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war“. Heimat ist also nicht in erster Linie ein realer Ort, sondern eine Utopie, genährt von Wünschen nach Geborgenheit und Sicherheit. Bezeichnenderweise wurde der Begriff Heimat erst im Laufe des 19. Jahrhunderts, also an der Schwelle zur Moderne mit ihren radikalen Umwälzungen, emotional und ideologisch aufgeladen. Um 1900 begann der große Aufschwung der Heimatliteratur, die keineswegs pauschal als Blut- und Bodenliteratur abqualifiziert werden soll. Was sind typische Handlungsmuster und Motive der Heimatliteratur? Ist Heimat Schauplatz von Geschichte oder Fluchtraum vor der Geschichte? Hat die sogenannte Anti-Heimatliteratur nur die Vorzeichen vertauscht und die vormals heile Welt zur Hölle umstilisiert? Schlägt das Pendel im Zuge der autobiographischen Welle seit den 80er Jahren wieder in Richtung Idealisierung aus? Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck – wird Renate Langer, Literaturwissenschaftlerin, Universität Salzburg, Antworten auf diese Fragen zur Diskussion stellen und Textbeispiele präsentieren.
Do 05. Oktober 2000, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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