Johannes Freumbichler – Ein konservativer Rebell?
Nach wie vor ist Johannes Freumbichler (1881–1949) durch seinen ungleich berühmteren Enkel bekannt. In seinen autobiographischen Erzählungen erwähnt Thomas Bernhard wiederholt seinen „Großvater mütterlicherseits“, für ihn das erste Bild eines – wenngleich selten erfolgreichen und von seiner Einsamkeit gezeichneten – Schriftstellers, dessen „Zuhause […] immer nur sein Denken gewesen“ war (Der Atem). So widersprüchlich und faszinierend, wie ihn sein Enkel erlebt hat, bleibt Johannes Freumbichler selbst bei näherer Betrachtung. Der in Henndorf geborene Sohn eines Krämers mit bäuerlichen Wurzeln beschäftigt sich sein Leben lang mit dem „Herkunftskomplex“ (Thomas Bernhard: Auslöschung, 1986). Er schreibt Gedichte, zum Teil in Mundart, sowie Theaterstücke, Erzählungen und Romane, die zumeist, aber keineswegs ausschließlich, zur Heimatliteratur gezählt werden können. Erst durch den erfolgreichen Schriftsteller Carl Zuckmayer erhält er 1937 für den Roman Philomena Ellenhub, die authentisch erzählte Lebensgeschichte einer Magd, den Österreichischen Staatspreis (Förderungspreis). Neben seinen umfangreichen Manuskripten, die bis heute unveröffentlicht sind, hat Johannes Freumbichler Tage- und Notizbücher sowie zahlreiche Briefe hinterlassen, die einen spannenden Einblick in ein schicksalhaftes Dichterleben zwischen Monarchie und der Zwischenkriegszeit bis hin zu den Anfängen nach 1945 geben. Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck, solange der Vorrat reicht – wird der Salzburger Literaturwissenschafter Bernhard Judex, Mitarbeiter des Thomas-Bernhard-Archivs in Gmunden, Johannes Freumbichler vorstellen. Seine Monographie „Der Schriftsteller Johannes Freumbichler (1881–1949). Leben und Werk von Thomas Bernhards Großvater“ ist soeben im Böhlau-Verlag (Wien) erschienen.
Do 05. Oktober 2006, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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