Lenka Reinerová
Alle Farben der Sonne und der Nacht‚Ich biß die Zähne zusammen und schwieg. Das war meine Waffe. Denn in mich gekehrt, war ich nicht allein, mein ganzes bisheriges Leben war mit mir, meine liebsten Mitmenschen, auch die Toten unter ihnen. Die vielleicht am meisten.‘ Als Lenka Reinerová nach Jahren der Verfolgung und des Exils, nach Internierung und Todesgefahr wieder in Prag lebt, wird sie eines Tages am frühen Abend verhaftet. Man sagt ihr nicht warum, auf ihre Fragen heißt es: ‚Das wissen Sie am besten.‘ Sie weiß es nicht. Erst jetzt, nach über fünfzig Jahren, vermag Lenka Reinerová, die letzte Deutsch schreibende Literatin in Prag, in ihrem Bericht ‚Alle Farben der Sonne und der Nacht‘ eines der schlimmsten Kapitel ihres Lebens aufzuschlagen.
Lenka Reinerová, geboren 1916 in Prag, wo sie auch heute lebt. Sie arbeitete seit 1936 als Journalistin, 1938 floh sie nach Frankreich und entkam über Marokko nach Mexiko. Nach Kriegsende kehrte sie mit ihrem Mann nach Europa zurück, lebte einige Jahre in Belgrad, seit 1948 in Prag. 1952 wurde sie ein Opfer der stalinistischen Säuberungen, nach der Untersuchungshaft wurde sie mit ihrer Familie in die Provinz abgeschoben und erst 1964 rehabilitiert, nach dem Ende des Prager Frühlings erhielt sie Publikationsverbot und verlor ihre Arbeit. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt erschienen die Erzählbände ‚Mandelduft‘ (1998), ‚Zu Hause in Prag – manchmal auch anderswo‘ (2000) und ‚Alle Farben der Sonne und der Nacht‘ (2003) im Aufbau Verlag.
Büchertisch: Rupertus Buchhandlung
Veranstalter: Salzburger Literaturforum Leselampe, prolit
Do 27. Mai 2004, 20:00 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Mitveranstalter: prolit |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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