Michael Lentz
Muttersterben„Mutter verschwand am zwanzigsten August neunzehnhundertachtundneunzig gegen dreiundzwanzig uhr und fünfzig minuten.“ So lakonisch beginnt die Titelerzählung des Bandes „muttersterben“, für die Michael Lentz mit dem Ingeborg Bachmann-Preis 2001 ausgezeichnet wurde. Völlig unsentimental protokolliert darin ein Erzähler – der Sohn – auf bedrängende Weise den Abschied von der toten Mutter. Vom Abschiednehmen handeln auch die anderen Texte des Bandes, es sind Momentaufnahmen alltäglicher Erfahrungen, die melancholisch von den zum Teil grotesken Versuchen erzählen, mit einem Verlust umzugehen. Für Michael Lentz, der auch eine Saxophonausbildung absolviert und sich in seiner Dissertation mit der Lautpoesie beschäftigt hat, sind die Stimme, der Rhythmus und Klang der Sprache von großer Bedeutung, weshalb seine Lesungen besonders beeindruckende Performances sind! „Bei Lentz darf man lernen, daß das Schreiben auch ein Experiment sein kann, dem die Tradition ein Ansporn ist, über ihre Ergebnisse hinauszugelangen.“ (Anton Thuswaldner)
Michael Lentz, geboren 1964 in Düren, lebt seit 1987 in München. Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Aachen und München, 1998 Promotion mit einer Arbeit über Lautpoesie/-musik nach 1945. Er erhielt zahlreiche Preise: 1999 Literaturförderpreis des Freistaates Bayern, 2001 Aufenthaltsstipendium Villa Aurora in Santa Monica, Kalifornien, Ingeborg Bachmann-Preis 2001. Buchveröffentlichungen: „Neue Anagramme“, „Oder.Prosa“, „Lautposie/-musik nach 1945. Eine kritisch-dokumentarische Bestandsaufnahme“, alle „edition selene“. 2002 erschienen im S. Fischer Verlag der Prosaband „muttersterben“, parallel dazu im Hörbuchverlag dazu 2 CDs.
Do 20. Juni 2002, 20:00 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Moderation: Norbert Niemann | |
Einführung: Norbert Niemann |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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