Reisende auf einem Bein – Über Grenzen schreiben
„Bei meinem täglichen Blick auf die Karte verschiebe ich die Grenzen von Böhmen des öfteren, mal nach der historischen Vorlage von Großmähren, mal nach Shakespeare, der wußte, Böhmen liegt am Meer. Es wäre allemal sinnvoll, die Vorschläge der Dichter zu bedenken, statt die Teilung der Welt Politikern zu überlassen, die nicht lesen.“ (Libuše Moníková) Die Teilungen der Welt im vorigen Jahrhundert haben viele AutorInnen dazu bewogen, ihre Herkunftsländer zu verlassen, und diese Erfahrung bestimmt in der Folge nicht selten ihr Schreiben mit. Die Ambivalenz von Hier und Dort, das Reisen „auf einem Bein“ (Herta Müller) ist dabei nicht nur thematisch, sondern wird auch formal umgesetzt. Es begründet eine fragmentarische Textstruktur und eine Schreibweise, die topographisch ist. Bahnhöfe, Schienenstränge, Koffer sind Inventar von Romanen, deren Figuren „Bewohner mit Handgepäck“ (Herta Müller) sind. Das Deterritoriale ist AutorInnen wie Libuše Moníková oder Dragan Velikic poetisches und politisches Programm: Es führt zu einer Ästhetik der Aufhebung zeitlicher, räumlicher, ethnischer Grenzen und lässt eine mitteleuropäische Landkarte entstehen, die jede reale Grenzziehung unterläuft in einem vielstimmigen Ineinander von Geschichten und Geschichte. Kaleidoskopartig werden die Wechselbeziehungen der europäischen Kulturen inszeniert, die verschiedenen kollektiven Gedächtnisse zusammengeführt, um „die Ganzheit der Welt zu verteidigen, die geheime Verbundenheit aller Dinge.“ (Dubravka Ugrešic) Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck, solange der Vorrat reicht – wird die Salzburger Autorin Petra Nagenkögel den unterschiedlichen Schreibweisen von Grenze und Migration in Texten von u.a. Libuše Moníková, Herta Müller, Dubravka Ugrešic, Dragan Velikic nachgehen.
Do 09. November 2006, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |

Themenwechsel – Erwin Einzinger
Nun aber rasch zurück in eine Gegenwart, die oft genug
Auf einem Auge blind ist. Feuer in der Muldenstraße.
Und der von Spraykünstlern verzierte Güterzug steht immer
Noch auf einem Abstellgleis, wo Disteln wachsen.
Wir wollten Erwin Einzinger zum 70. Geburtstag gratulieren und haben ihm ein SALZ „geschenkt“ – und sind von ihm beschenkt worden mit einer Vielzahl an neuen Gedichten, Zeichnungen und Collagen aus vielen Jahren. Sie finden Sie verstreut in dieser SALZ-Ausgabe.
Erwin Einzinger hat Autorinnen und Autoren zum Themenwechsel eingeladen und alle, die es irgendwie einrichten konnten, sind dieser ...
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