Lesungen

Susanne Fritz & Ivna Žic

Heinrich | Wahrscheinliche Herkünfte
© Flavio Karrer/Burkhard Riegels

Wie bestimmen wir das Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart? In welchen Formen schreibt Geschichte sich fort im Jetzt? Und welche Zugänge lassen sich finden, um die Leerstellen, Lücken und das Unerzählte des Vergangenen zu erfassen?

Susanne Fritz verbindet Traum und Erinnerung, Chronik und Fiktion, um sich der Figur von Heinrich zu nähern, der als Angehöriger der deutschen Minderheit in einem Armutsviertel einer polnischen Kleinstadt aufwächst. Mit Kriegsbeginn 1939 eröffnen sich ihm Aufstiegschancen. die im Kriegseinsatz und in russischer Gefangenschaft enden. 1949 kommt er nach Westdeutschland, gründet eine Familie, macht Karriere als erfolgreicher Architekt und Unternehmer, ohne seine ungeliebte Herkunft je hinter sich lassen zu können.

Ivna Žic nähert sich in ihrer autofiktionalen Reflexion „Wahrscheinliche Herkünfte“ den unterschiedlichen Welten ihrer beiden Großmütter und des schweigsamen Großvaters, in deren Leben sich europäische Geschichte und eine untergegangene Welt spiegeln, die dennoch in den folgenden Generationen weiterlebt. Žic‘ Text öffnet sich in einem Durchgang von der Vergangenheit in eine europäische Zukunft, in der sich eine neue, radikale Vielsprachigkeit längst Raum geschaffen hat, und lässt dadurch aus dem Privaten das Politische und aus den neuen Verhältnissen neue Erzählungen entstehen.

Susanne Fritz, geb. 1964, lebt in Freiburg und Berlin. Sie schreibt Erzählungen, Romane, dramatische und essayistische Texte. Ihre persönliche Spurensuche nach der Geschichte ihrer Mutter »Wie kommt der Krieg ins Kind« (Wallstein 2018) wurde für den Deutschen Buchpreis nominiert. Sie erhielt diverse Preise und Stipendien, u.a. 2020 das Albrecht-Lempp-Stipendium in Krakau, 2021 war sie Stipendiatin des Atelier Mondial in Paris. „Heinrich“ ist im Wallstein Verlag erschienen.

Ivna Žic, geboren 1986 in Zagreb, aufgewachsen in Zürich. Studium der Angewandten Theaterwissenschaft, Schauspielregie und Szenisches Schreiben. Als Theaterregisseurin und Dramatikerin schreibt und inszeniert sie an Theatern in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Für ihren Debütroman »Die Nachkommende« wurde sie 2019 für den Österreichischen und den Schweizer Buchpreis nominiert. Žic lebt in Zürich und Wien. „Wahrscheinliche Herkünfte“ ist im Verlag Matthes & Seitz erschienen.

Unterstützt von der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.

Di 16. Mai 2023, 19:30 Uhr
Literaturhaus
Vollpreis: 10,– € | Ermäßigt: 8,– € | Mitglied: 6,– €
Reservierung: T. 0662 422 411 oder karten@literaturhaus-salzburg.at
Mitveranstalter: prolit
Büchertisch: Rupertus Buchhandlung