Terézia Mora
Seltsame Materie
Tánte Magdala erzählt mir, sie habe unseren Vater im Dorf gesehen. Er sitzt seit gestern im Wirtshaus und spielt Karten. Ich spiegle mich im Fensterglas und schneide mir mit dem Trimmer die Haare gerade. Der Trimmer war das einzige Geschenk, das Großvater damals von seiner Reise nach Westdeutschland mitbrachte. Ich gehe in Vaters erdbraunem Hochzeitsanzug zur Prüfung, obwohl er mir etwas zu kurz ist.“ Kleine Dörfer an der ungarisch-österreichischen Grenze bilden die literarische Landschaft der Erzählungen im ersten Erzählband der Bachmann-Preisträgerin 1999. Der Alltag in diesem ungarischen Seewinkel ist geprägt von Abgeschiedenheit, provinzieller Enge, verschrobener Religiosität und der Sehnsucht nach einem guten Leben. Glücklosigkeit ist hier die Normalität, eine Normalität, die gebrochen wird im distanzierten Blick der Erzählerin. Ohne Larmoyanz, in nüchtern lakonischer und reduzierter Sprache erzählt, wird in den Geschichten Moras das Eigene fremd, wird zur „seltsamen Materie“, skurril, grotesk und manchmal liebenswert: „Für den Rest der Welt sind wir unsichtbar. Und ich möchte wenigstens einige Blicke auf uns lenken.“
Do 20. Januar 2000, 20:00 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Mitveranstalter: prolit |

Abgelichtet
„Den Menschen, der auf dem Portrait abgebildet ist, gibt es so nicht. Es gibt nur die Vorstellungen, die man sich von ihm macht. Und wann wurden, darf man sich fragen, unsere Vorstellungen je der Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit anderer gerecht?“
Diese Ambivalenz wird nicht nur von Iris Wolff betont, ambivalente Empfindungen und Eindrücke
sind es auch, die viele der Autorinnen und Autoren dieser SALZ-Ausgabe zum Thema AutorInnenfotografie zum Ausdruck bringen.
Autorschaft ist schon lange undenkbar ohne die fotografische Inszenierung der Person der Autorin, des Autors, spätestens seit der Etablierung einfacher und günstiger Vervielfältigungstechniken ...
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