Vergangenheitsspiele
Die Kunst der Lebensbeschreibung blüht. Jährliche Neuerscheinungen von Biografien zählen nach Tausenden. Kein Jahrestag einer Berühmtheit aus Kunst oder Geschichte, zu dem nicht eine neue Biografie herauskäme. Die Kunst der Biografie ist vielseitig. Neben der Vielzahl populärer Darstellungen gibt es die wissenschaftliche und eine durchaus künstlerische Form der Lebensbeschreibung, die sich keineswegs in den Konventionen des realistischen Romans erschöpft, sondern durchaus Ambitionen zu innovativen Erzählstrategien zeigt, wie wir sie auch aus der Gegenwartsliteratur kennen. Biografien von Peter Härtling oder Dieter Kühn werden zur lebendigen Erörterung des faktisch und dokumentarisch Bekannten, die stets auch persönliche Erfahrungsberichte und Fiktionen der Biografen miteinbeziehen und den Leser nicht ausschließen. Andere – wie Julian Barnes oder Antonia S. Byatt – spielen mit biographischen Methoden, stellen ihre Irrtümer bloß, zeigen die Absurdität im Anspruch, wissen zu wollen, wie es wirklich war. Jack Miles’ Experiment „Gott. Eine Biografie“ bleibt eine Rarität. Biografie. Ein Spiel – „… nur eine mögliche, eine von vielen, die ebenso möglich wären …“, „Erfindungen der Wahrheit“, Mutmaßungen, entworfen auf Basis vorliegender Informationen, niemals endgültig, sondern immer vorläufig und offen? Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck – wird Ilse Gottschall, Leiterin der Literatur-Werkstatt im Rahmen der „Leselampe“, einen Einblick in das Thema vermitteln und Leseanregungen geben.
Do 03. Oktober 2002, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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