Vom Zerstören der Tabus. George Taboris Theaterarbeit
George Taboris erste Regiearbeit bei den Salzburger Festspielen – Franz Schmidts Das Buch mit sieben Siegeln, 1987 – endete mit der Absetzung des Stückes unmittelbar nach der Premiere. Die verbleibenden Aufführungen mussten konzertant stattfinden, zu sehr stießen sich Erzbischof und Rektor an Taboris als obszön wahrgenommener szenischer Bebilderung des Oratoriums. Tabori, „Theatermacher“, Autor und Regisseur, irritierte bereits 1969 das Publikum bei der Berliner Erstaufführung von „Die Kannibalen“. Er brach schon da mit sämtlichen Konventionen der literarischen Darstellung des Holocaust: Nach dem Hungertod eines KZ-Insassen wird dieser von seinen Mithäftlingen gekocht und unter Todesdrohungen zweier SS-Männer gegessen; das kannibalische Mahl wird fotografisch dokumentiert und soll für antisemitische Propaganda instrumentalisiert werden.
Tabus zu brechen ist keineswegs Garant für ‚gute‘ Literatur, doch trägt Taboris Theaterarbeit wesentlich zu einer Veränderung der literarischen Darstellungen des Holocaust, des Umgangs mit körperlicher Erfahrung und der Arbeit des Regisseurs mit Schauspielern und Texten bei.
Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck – wird die Literaturwissenschaftlerin Johanna Öttl Einblicke in George Taboris Theaterarbeit vermitteln, die im Schreiben über den Holocaust und im Inszenieren von Körperlichkeit wegweisend sind.
Do 01. Oktober 2015, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Vollpreis: 6,– € | Ermäßigt: 4,– € | Mitglied: 4,– € |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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