Kakanien als Gesellschaftskonstruktion
Im Gespräch mit Klaus Amann, dem Leiter des Robert-Musil-Instituts für Literaturforschung in Klagenfurt, wird Norbert Christian Wolf sein Buch „Kakanien als Gesellschaftskonstruktion“ präsentieren, das eine Gesamtinterpretation von Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ mit dem Fokus auf dessen gesellschaftsanalytische Leistung darstellt. Es stützt sich auf Pierre Bourdieus Konzept einer Sozioanalyse literarischer Texte, das durch Anleihen aus der Diskurs-, Erzähl-, Gender- und Medientheorie ergänzt sowie durch Befunde der Sozial- und Kulturgeschichtsschreibung empirisch gesättigt wird.
Der feldsoziologische Ansatz wird erstmals konsequent auf einen deutschsprachigen Roman angewendet. Eine Besonderheit besteht in der kulturgeschichtlichen Verortung genauer Textanalysen, die sich nicht nur auf Musils Essays und Nachlass, sondern auch auf die zeitgenössische Literatur, Wissenschaft und Politik erstreckt. „Der Mann ohne Eigenschaften“ wird als moderner Klassiker lesbar, der die Wurzeln der Katastrophengeschichte des 20. Jahrhunderts offenlegt.
Norbert Christian Wolf, geboren 1970 in Innsbruck, studierte Germanistik, Geschichte, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Wien, Paris und Berlin, 2004-2009 Juniorprofessor an der FU Berlin, seit 2009 Professor am Fachbereich Germanistik an der Universität Salzburg. Das Buch „Kakanien als Gesellschaftskonstruktion. Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts“ erschien im Böhlau Verlag (2011).
Di 20. Dezember 2011, 20:00 Uhr | |
Europasaal, Edmundsburg, Mönchsberg 2A | |
Moderation: Klaus Amann, Alpe-Adria-Universität, Klagenfurt | |
Mitveranstalter: Stefan Zweig Zentrum, Fachbereich Germanistik, Böhlau Verlag |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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