Liebeslust und Liebesleid im Mittelalter
„Kann mir jemand sagen, was Liebe ist?“, fragte Walther von der Vogelweide und wollte die Liebe, die schmerzt, nicht mehr ‚Liebe‘ nennen. Die Liebe in allen ihren Facetten ist das Thema in der mittelalterlichen Literatur: Verliebtheit, große Liebe und Liebesnächte begegnen ebenso wie Eifersucht, Liebesschmerz, Enttäuschung und Verzweiflung. Die gängigen Vorstellungen von der Liebe im Mittelalter scheinen widersprüchlich und extrem. Einerseits ist die Rede von der Leib- und Lustfeindlichkeit der allmächtigen Kirche, die allein die Ehe gelten läßt, andererseits von Ehebruch, Ausschweifungen und Derbheit. Die Lektüre mittelalterlicher Texte zeigt entgegen diesen Vorurteilen eine ganz andere Vielfalt: Der Bogen spannt sich von der gegenseitigen, erfüllten Liebe über die hohe Minne, in der sich der Mann durch den Dienst an seiner Dame bewähren muß, bis hin zur derben Erotik und Obszönität. Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck – wird Ruth Weichselbaumer, Mitarbeiterin am Neidhart-Projekt, Institut für Germanistik, mit Text- und Tonbeispielen Einblicke in die Spielarten von Liebeslust und Liebesleid im Mittelalter vermitteln.
Do 03. Mai 2001, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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