Marie von Ebner-Eschenbach
Obwohl Marie von Ebner-Eschenbach zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts gehört, sind ihre Werke bis auf wenige Ausgaben im Buchhandel nicht mehr erhältlich. Ihre Erzählungen gelten heute vielfach als überholt, harmlos und nostalgisch. Dieses Bild einer „Dichterin der Güte“ – logische Konsequenz einer vom Weltanschaulichen dominierten Rezeptionsgeschichte – ist aber nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite zeigen Erzählungen wie auch private Eintragungen eine politisch wache und engagierte Frau: Sie ist Abonnentin der sozialistischen Arbeiter-Zeitung, liest August Bebel und pflegt Kontakt mit Karl und Minna Kautsky, die sie durch ihre Sommeraufenthalte in St. Gilgen kennt, nicht ohne der Politik der Arbeiterpartei kritisch gegenüberzustehen. Sie nimmt eine entschiedene Haltung gegen den Antisemitismus ein und findet für die politischen Zustände Wiens unter dem christlich-sozialen Bürgermeister Lueger harte Worte. Darüber hinaus setzt sich Marie von Ebner-Eschenbach mit den Fragen der Frauenemanzipation auseinander, pflegt zahlreiche Kontakte zu Vertreter/inne/n der bürgerlichen Frauenbewegung und unterstützt diverse Vereine, u.a. ist sie Stiftungsmitglied des „Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien“. Jüngste Forschungen haben zudem das bislang kaum beachtete dramatische Oeuvre der Autorin in den Mittelpunkt gerückt und Marie von Ebner-Eschenbach als Satirikerin wiederentdeckt. Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck, so lange der Vorrat reicht – wird Ulrike Tanzer, Literaturwissenschafterin am FB Germanistik der Universität Salzburg, anhand ausgewählter Textbeispiele Leben und Werk Marie von Ebner-Eschenbachs näher beleuchten.
Do 08. Mai 2008, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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