Vom Erkalten des Weichselzopfs. Aspekte literarischen Übersetzens
Leser machen sich manchmal vom literarischen Übersetzen keine oder keine richtigen Vorstellungen. Dass man einen Text, der in einer fremden Sprache geschrieben worden ist, in der eigenen lesen kann, wird oft als etwas Selbstverständliches empfunden.
Welche Fertigkeiten und Kenntnisse aber Voraussetzungen für eine gelungene Übersetzung sind, soll bewusst gemacht, allgemein diskutiert und dann anhand eines konkreten Beispieles demonstriert werden. Dabei wird ersichtlich werden, wie wichtig – über die gute Beherrschung einer Sprache in lexikalischer und grammatikalischer Hinsicht hinaus – das Wissen um kulturelle, soziologische, folkloristische und andere Zusammenhänge und Hintergründe ist.
Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck, so lange der Vorrat reicht – wird der Literaturwissenschafter Armin Eidherr den oben erwähnten Problemen nachgehen und anhand des bekannten jiddischen Gedichtes „Gute Nacht, Welt“, verfasst 1938 von Jacob Glatstein (1896-1971), zeigen, welche „Fallen“ und „Untiefen“ der Originaltext bereithält. Das Beispiel einer Übersetzung des Gedichts ins Deutsche wird deutlich machen, wie leicht man Missverständnissen erliegen, in „Fallen“ stürzen, kurz zu welchen „Katastrophen“ es durch „falsche Freunde“, Schlampigkeiten etc. kommen kann. Wie man das vermeidet, d.h. welches kulturgeschichtliche Hintergrundwissen und welche sprachlichen Kompetenzen gefordert sind, bevor und während man sich ans literarische Übersetzen macht, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere, ganz und gar glänzende Seite ist, dass sich durch die übersetzerische Perspektive der Blick für relevante Details von Texten enorm schärft.
Do 01. Dezember 2011, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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