Wie kompliziert ein Leben ist. Experiment und biographischer Film
Auch im Jahr 2010 widmet sich ein Literaturfrühstück den Erzählungen, die uns das Kino bietet. Diesmal geht es um Lebensgeschichten im Spielfilm, die gleichzeitig auch die Schwierigkeiten des biographischen Erzählens zum Thema haben. Gerade der Film verführt durch seine scheinbar authentische Wiedergabe der Realität in bewegten fotografischen Bildern zu der Annahme, hier werde ungefiltert „die“ Wirklichkeit präsentiert. Wenn im biographischen Film zwar mit Schauspielern und Schauspielerinnen, aber doch auf der Basis historischer Recherchen die Geschichte eines Lebens oder einer Karriere nachgezeichnet wird, so ist diese Darstellung trotzdem oft nach dramaturgischen Regeln gestaltet, die eher auf spannende Wirkung und nicht so sehr auf absolute Realitätstreue abzielen. Der biographische Film hat jedoch immer wieder zu experimentellen Darstellungsmitteln gegriffen und damit deutlich gemacht, dass er stets nur Konstruktionen von Lebensläufen herstellen kann – und nicht die objektiv festgehaltene Abbildung realen Geschehens. Außerdem lassen sich dadurch im filmischen Medium Inhalte vermitteln, die über die bloße Präsentation einer Lebensgeschichte hinaus gehen – die Verbindung zwischen Leben und Werk etwa oder die Rezeptionsgeschichte einer künstlerischen Biographie. Beim Literaturfrühstück – wie immer bei Kaffee und Gebäck – wird Manfred Mittermayer, der am Ludwig-Boltzmann-Institut für Geschichte und Theorie der Biographie den Programm-Schwerpunkt „Biographie im Film“ betreut, exemplarische Filmbeispiele zum Thema präsentieren. Zu diesen „selbstreflexiven“ Filmen gehören durchaus bekannte und erfolgreiche Streifen wie z.B. „Der junge Freud“, „The Life and Death of Peter Sellers“ und „I’m Not There“ (über Bob Dylan).
Do 14. Januar 2010, 10:30 Uhr | |
Literaturhaus Salzburg | |
Erste Lektüren
„Was man früh gelesen hat, löst sich oft seltsam auf. Es bleibt nicht im Buch, hat auch keinen davor, der es erst geschrieben hat. Man ist als Kind mit Haut und Haaren hier durchgewandert, ohne Sinn für Worte; man nahm sie gar nicht wahr. Hat so gelesen, wie man jetzt einen spannenden Film sieht, war an ein altes Bildersehen angeschlossen. Da man noch kein Ich war oder nur zuweilen, brauchte man auch keinen Helden, das kam erst später.“ Ernst Bloch, Das Wirtshaus im Spessart
In SALZ Erste Lektüren rufen sich Autor:innen in Erinnerung, was es bedeutet, die Welt der Bücher zu entdecken, ein Buch das erste Mal aufzuschlagen. Sei es ein ...
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